Mensch und Natur(a)

K1024 DSF0491

Annett Erdmann - Naturschutz Haupt- und Ehrenamt

Leiterin der Ökostation Grüne Welle Umweltverein in Naundorf, Mitglied in der Natur- und Umweltgruppe Mügeln e.V. und im Grüne Welle Umweltverein e.V., Mitarbeit in der Nabu Fachgruppe Ornithologie und Naturschutz Oschatz

Die Arbeit in der Ökostation ist sehr vielfältig, von der Umweltbildung, über praktischen Naturschutz und Öffentlichkeitsarbeit, bis zur Büroarbeit.

Daneben bin ich ehrenamtliche Naturschutzbeauftragte im Landkreis Nordsachsen und betreue das Naturschutzgebiet „An der Klosterwiese“. Dazu gehören die regelmäßige Begehung des Gebietes, ebenso wie Erfassungen und Dokumentation sowie die Zusammenarbeit mit der Naturschutzbehörde.

Gemeinsam mit Gunter Steinbach bin ich zudem Storchenbetreuerin in der Region Altkreis Oschatz. Wir kontrollieren die Horststandorte und dokumentieren das Bestandsgeschehen. Sind Horste zu sanieren oder zu erneuern oder komplett neu aufzubauen, geschieht dies in Kooperation mit der Naturschutzbehörde und dem Landschaftspflegeverband Torgau-Oschatz e.V., welcher die Koordinierung, Fördermittelbeantragung und Abrechnung der Maßnahmen übernimmt. 

 

Ort der Fotoaufnahme

Kopfweiden bei Naundorf, im Hintergrund der Naundorfer Park, FFH-Gebiet „Döllnitz und Mutzschener Wasser“

Warum ist dieser Natur(a)-Ort für mich bedeutsam?

Alte, mächtige Kopfweiden bieten Lebensraum für zahlreiche Tierarten. In den häufig hohlen Stämmen können Iltis, Steinmarder, Mauswiesel sowie Fledermäuse und Vögel, wie Steinkauz und Grauschnäpper, Unterschlupf und Nistgelegenheiten finden. Zahllose Insektenarten wie Schmetterlinge und Wildbienen leben in den Bäumen als Larven oder nutzen Blüten, Blätter und Knospen als Nahrungsquelle. Am Stamm und auf dem knorrig verwachsenen Kopf der Bäume siedeln sich häufig andere Pflanzen wie Moose, Flechten und Pilze an. Kopfweiden stellen einen wichtigen Lebensraum insbesondere für an Alt- und Totholz gebundene Arten dar.
Diese Zeitzeugen früherer Holzgewinnung sind prägende Elemente unserer Kulturlandschaft. Durch das wiederholte Zurückschneiden treiben die Bäume immer wieder neu aus und bleiben auf einer gut erreichbaren Höhe. Neben der Verwendung als Brennholz wurden die geschnittenen Weidenruten traditionell für Werkzeugstiele (z.B. Spaten), für die Korbmacherei oder auch für den Hausbau im Verbund mit Lehm genutzt. Heute werden sie für den „Lebendverbau“ zur Anlage von Hecken oder für die Ufersicherung an Gewässern eingesetzt. Der Landschaftspflegeverband nutzt sie auch zum Flechten neuer Storchenhorste.
Bleibt der Pflegeschnitt aus, besteht die Gefahr, dass der Baum unter der Last seiner Äste auseinanderbricht. Das regelmäßige Köpfen der Bäume bewahrt einen wertvollen Lebensraum.*
Mit meiner Kinderumweltgruppe habe ich selbst schon Weidenstecklinge gesetzt, damit auch immer wieder neue Kopfweiden nachkommen. Wir haben auf dem Spielplatz am Naundorfer Park Weidentipis gebaut, auf unserer Blühwiese einen Weidenschmetterling geflochten und nutzen Weide generell viel als Bastel- und Baumaterial. Wir möchten den Kindern auch die traditionelle Lahmbauweise nahebringen, bei der ein Weidengeflecht die Grundlage bildet. So haben wir schon gemeinsam kleine Häuser und eine Lehmwand für Insekten gebaut.

 *Der Landschaftspflegeverband Torgau-Oschatz e.V. berät gern zu den Fördermöglichkeiten rund um das Thema Kopfweidenpflege im Rahmen der Richtlinie Natürliches Erbe im Freistaat Sachsen.

 

Definition Natur

Was ist „Natur“ für mich persönlich?

Natur ist für mich lebensnotwendig, ein „Ort“ der Vielfalt und Veränderung. Mal ein Ruheort, mal laut mal still, spannend und wunderbar.

 

Wert der Natur

Was macht aus meiner Sicht den Wert der Natur aus, was ist schützenswert?

Natur macht unser Leben wertvoll.
Wir haben Verantwortung sie zu schützen, da wir sie ja auch durch unser Handeln verändern und in Gefahr bringen.
Was ist schützenswert? Ich denke, wir haben nicht die Position da Entscheidungen zu treffen. Mit Mücken stehe ich auf Kriegsfuß, aber da ich Schwalben und Fledermäuse sehr mag, sehe ich ihre Notwendigkeit dann doch wieder ein.

Wie wertvoll ist es für mich in der Natur zu sein? Ich bin gern in der Natur, weil...

...ich Ruhe finde und gleichzeitig immer etwas Neues entdecken kann.  

Auf einer Skala von O (gar nicht) bis 10 (absolut), inwieweit sind Nutzung und Schutz der Natur aus meiner Sicht vereinbar? Was ist leicht, was ist schwierig?

Die Skala liegt aus meiner Sicht bei 5-6. Abseits von Paragraphen und Bestimmungen ist es für kompromissbereite Menschen sicher gut ins Gespräch zu kommen und gemeinsam Wege zu finden. Ökonomische Zwänge, schwer nachvollziehbare und starre Vorgaben machen es sicher schwer.

 

Persönlicher Bezug zur Natur

Zu welcher Gelegenheit bin ich in der Natur?

Ich bin so oft es geht draußen in der Natur unterwegs, sowohl beruflich als auch privat. Sehr gern um mit Kindern etwas gemeinsam zu entdecken und in der Natur zu lernen. Aber auch im von mir betreuten NSG „An der Klosterwiese“, als Artbetreuerin für den Weißstorch im Altkreis Oschatz und einfach so im Wermsdorfer Wald.

Was mache ich am liebsten in der Natur?

… beobachten, genießen, fotografieren, wandern, Vogelgezwitscher lauschen, Kindern beim Entdecken und Staunen zusehen …

Wo fängt Natur für mich an?

Ich habe das große Glück, dass bei mir Natur vor der Haustür anfängt.

 

Persönlicher Bezug zu Natura 2000

Wo oder wie komme ich mit Natura 2000 in Berührung?

Ich bin in verschiedenen Schutzgebieten regelmäßig unterwegs und mir ist die Bewahrung der biologischen Vielfalt sehr wichtig. Natürlich durch die enge Zusammenarbeit mit Nicole Sieck und dem Projekt Netzstelle Natura 2000 des Landschaftspflegeverbandes Torgau-Oschatz e.V.

In welchem Zusammenhang habe ich zum ersten Mal von Natura 2000 gehört?

Schon länger her, im Rahmen meiner Arbeit in der Ökologischen Station Naundorf.

Was wünsche ich mir von Natura 2000?

Dass der Gedanke Lebensräume zu vernetzen und zu schützen erfolgreich ist. Und dass noch mehr Menschen durch die intensive Öffentlichkeitsarbeit für diese Themen und für die Natur interessiert und sensibilisiert werden.

 

Verhältnis Mensch und Natur

Was ist mir in Bezug auf das Verhältnis Mensch - Natur wichtig?

Dass wir wieder lernen Zusammenhänge zu erkennen, die Natur wieder wertschätzen und erhalten.

Was macht mir Sorgen?

Die Entfremdung von der Natur und von natürlichen Zusammenhängen, fehlende Kenntnisse und mangelnde Dialog- und Kompromissbereitschaft. Also erst mal dagegen sein, ohne alle Fakten zu kennen.

Wenn alles möglich wäre, keine Grenzen gesetzt sind, dann würde ich mir folgendes wünschen und das ändern…

Viel mehr Feldgehölze, mehr Weg- und Straßenbegleitendes Grün, vielfältige Lebensräume. Aktive Menschen, die andere begeistern können und dass viel mehr Leute mit offenen Augen durch die Natur gehen und diesen Schatz wertschätzen und bewahren und diese Liebe zur Natur an die Kinder weitergeben. Am besten wäre es, wenn wir das auch ohne einen Paragraphen- und Verordnungsdschungel schaffen.